LIES

Deutscher Titel
Lies : Lust und Lügen

Alternativ-Titel
Lies : Pain Is Their Pleasure
(US-Titel)

 



  Land : Süd Korea   Regie : Jang Sun-Woo
  Jahr : 1999   Produzent : Shin Chul
  Laufzeit : 103 min.   Drehbuch : Jang Sun-Woo
  Format : 1.85:1   Romanvorlage : Jang Jung-Il
    Kamera : Kim Woo-Hyoung
    Schnitt : Park Gok-Ji
    Musik : Dal Palan

Darsteller
Lee Sang-Hyun * Kim Tae-Yeon * Choi Hyun-Joo
Han Kwon-Taek
* Jeon Hye-Jin




J, ein verheirateter Bildhauer, ist 38, Y erst 18 - und damit ist die Studentin nach südkoreanischem Gesetz noch minder-
jährig. Doch ihr Sex ist für beide eine Offenbarung : Voller Wollust, Experimentierfreude und absoluter Hingabe. Immer
fordernder und tabuloser wird ihr Liebesspiel, das schnell sadomasochistische Formen annimmt. Berauscht vom Gefühl
der Freiheit ziehen sie durchs Land und leben in anonymen Motels ihre verborgensten Wünsche aus. Doch als die
sexuellen Bedürfnisse immer stärkere Züge einer Besessenheit aufweisen, zieht sie sich von ihm zurück. Ihre Liebe, die
einst weder Sättigung noch Beschränkungen kannte, beginnt zu bröckeln...






LIES ist ein weiterer Beitrag aus dem Kunstfilm-Genre, bei dem das Thema Sex im Mittelpunkt steht und dabei auch
pornographische Darstellungen, also explizit gezeigte Sexakte, Verwendung finden. Mir fallen zu dieser Reihe spon-
tan die bei uns auch im Kino aufgeführten, sogenannten "Skandal-Filme" wie ROMANCE (F 1999), BAISE-MOI (F 2000)
oder INTIMACY (F 2001) und entfernt vielleicht auch noch VISITOR Q (J 2001) aus der jüngsten Vergangenheit ein.

Jeder dieser Filme zeichnet sich durch seine ganz eigene besondere Machart und Radikalität aus, so auch LIES : Mit
einfachen Mitteln, in teilweise dokumentarisch anmutenden Bildern, erzählt der handwerklich gelungene Film die
Geschichte zweier Individuen, die sich völlig von ihrer Außenwelt abkapseln und quasi ein Leben nur für den Sex und
die Lust, in welcher Form auch immer, führen.

Ihre fast vollständig auf (S/M-)Sex reduzierte Beziehung wird glaubhaft geschildert und auch die entstehenden Verände-
rungen im Laufe ihrer Beziehung kann man gut nachvollziehen. Dieser ganze Strudel aus Sex und Gewalt, diese sich
entwickelnde totale Abhängigkeit Js... Man kann schon erahnen, dass das auf Dauer nicht gut gehen kann.





Regisseur Jang Sun-Woo beschränkt sich aber nicht nur auf die Schilderung dieser sexuellen Beziehung, sondern lässt
durch seine Charaktere auch politische Spitzen einfließen. Nur Essen, Sex und Schlafen als zentraler Lebensinhalt,
ein "Leben ohne Arbeit" wie J und Y es zelebrieren, nun ja, ich vermute der koreanische Staat ist darauf nicht so gut zu
sprechen.

Die umstrittene Romanvorlage zu LIES lieferte Jang Jung-Il, der wegen Verstoßes gegen den "Pornographieparagraphen"
(Pornographie ist in Korea verboten) sogar zu sechsmonatiger Haft verurteilt wurde. Underground- und Independent-
Regisseur Jang Sun-Woo, ebenso umstritten wie erfolgreich, ging mit der Verfilmung dieses Buches also ein erhebliches
Risiko ein, ließ sich aber für den Fall einer Klage vertraglich aus der Haftung ausschließen.

Die teilweise sehr drastischen Sexszenen führten tatsächlich zu erheblichen Problemen im Herstellungsland, so dass
die ungekürzte Fassung dort nur während des Pusan International Film Festivals 1999 zu sehen war. Dem deutschen
Filmverleih X-Verleih (gehört zum X-Filme Creative Pool, bekannt durch z.B. LOLA RENNT (D 1999)) ist es zu verdanken,
dass der Film ungeschnitten in unseren Kinos zu sehen ist.





Die beiden Hauptdarsteller, zwei Amateure, die hier ihr Debüt geben, können durchaus überzeugen und spielen mit
einem beeindruckenden (auch körperlichen) Einsatz. Das beide Amateure sind kommt der realistischen Wirkung des
Films sehr zu gute. Die zahlreichen und ausführlichen Sex-Szenen wirken sehr kühl und realistisch. Hier wird
nichts beschönigt, sondern dokumentiert. Sun-Woo gibt öffentlich sogar zu, dass beide Darsteller tatsächlich vor der
Kamera verkehrten.

Leider erfährt man nicht wirklich mehr über die Protagonisten und deren Hintergrund, als in der oben stehenden, kurzen
Inhaltsangabe zu lesen ist. So bleibt man letztlich doch nur ein Beobachter und ist nicht wirklich emotional in die Ge-
schichte eingebunden. Ich zumindest konnte zu keiner der Figuren einen richtigen Bezug entwickeln.

Bei aller Intensität, die die Bilder haben, würden diese Szenen und das Gesamtwerk meiner Meinung nach eine noch
größere Wirkung erzielen, wenn die Distanz zum Film nicht so groß wäre. Relativ gleichgültig betrachtet man die
immer exzessiveren Praktiken der Hauptpersonen. Somit bleibt LIES als ein interessanter, durchaus anspruchsvoller
Film im Gedächtnis zurück, der Potential zu mehr gehabt hätte.





Wer sich für dieses spezielle Thema interessiert und auch vor expliziten Darstellungen nicht zurückschreckt, dem kann der Film aufgrund seiner realistischen und schonungslosen Machart dennoch empfohlen werden. Mich persönlich hat er jedoch eher kalt gelassen, was ja vielleicht auch am ungewöhnlichen Thema liegen mag. (jo)


Wertung    



Derzeit ist der Film deutsch synchronisiert im Kino zu sehen. Infos zur deutschen DVD coming soon...

Auf der US-DVD von Fox Lorber wird der Film in koreanisch mit engl.UT präsentiert. Bild wahrscheinlich in Lbx 1.85:1.


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